Elterninitiative GEMV
Gemeinsam Erziehende Mütter und Väter
Mütter und Väter streiten sich immer häufiger vor Gericht um die Betreuung von Trennungskindern. Eine Elterninitiative verfasste jetzt eine Hamburger Erklärung: Residenzen bei beiden Eltern sollen gesetzlich verankert werden
Die bunte Zeichnung zeigt zwei kleine Kinder in einem Zimmer. Links daneben wohnt ihre Mutter in ihrem Haus, rechts daneben der Vater in seinem Haus.Die Eltern sind getrennt. Aber die beiden Häuser überschneiden sich, sodass die Kinder in ihrem Zimmer bei beiden Elternteilen leben und aufwachsen können. Es ist wohl das, was sich Trennungskinder am meisten wünschen.
Leonie ist neun Jahre alt. Sie hat das Bild gemalt, weil es ihre Realität zeigt. Trotz der Trennung ihrer Eltern wächst sie bei Mutter und Vater gemeinsam auf...
Die Doppelresidenz (auch: Wechselmodell) für Trennungskinder mit gleicher Zeit bei beiden Eltern ist ein internationales Erfolgsmodell. Eine Reihe von Ländern hat es bereits gesetzlich geregelt und verzeichnet hohe Umsetzungsraten. Selbstverständlich praktizieren auch in Deutschland viele Trennungseltern die paritätische Erziehung ihrer Kinder, soweit berufliche und organisatorische Rahmenbedingungen gegeben sind und beide Partner unvorbelastet die einvernehmlichen Regelungen im besten Interesse ihrer Kinder treffen können. Sobald jedoch ein Elternteil diese am Kindeswohl orientierte Lösung boykottiert, findet Doppelresidenz in Deutschland von den Institutionen keine Unterstützung.
Auf der 2. Tagung „Ein Zuhause bei beiden Eltern“ präsentierte die Elterninitiative GEMV zwei renommierte Experten, deren Tätigkeitsschwerpunkt seit den 80-er Jahren das Kindeswohl in Trennungsfamilien ist.
Jürgen Rudolph, Familienrichter a. D., präsentierte dem Fachpublikum, in dem alle Professionen aus Trennungsverfahren vertreten waren, eine lösungsorientierte Praxis, mit deren Hilfe Trennungseltern einvernehmliche Lösungen im Kindesinteresse finden können. „Sind Eltern dann allerdings nicht in der Lage, eine einvernehmliche Lösung zu finden, sollte die Doppelresidenz gesetzliche Pflicht sein“, so Rudolph. Zur Qualitätssicherung in den Beratungseinrichtungen bedürfe es darüber hinaus zwingender gesetzlicher Standards.
Als zweiter Hauptredner kam Jan Piet H. de Man aus Belgien angereist. Der Kinderpsychologe hatte die Brüsseler Regierung 2006 zur gesetzlichen Regelung der „Doppelresidenz“ beraten. Inzwischen werden in Belgien 36 Prozent der Scheidungskinder von beiden Eltern paritätisch betreut. De Man weiß aus der Tatsachenforschung: „Entscheidend für das Kindeswohl ist es, ihnen bei Trennung die Bindung zu beiden Eltern zu erhalten.“. Er unterstreicht, dass sie so am besten ihren Frieden fänden und ihre Persönlichkeitsentwicklung und Gesundheit gestärkt werden. Außerdem zeigte er anhand bekannter Tatsachenforschungen auf, dass Elternkonflikte kein Hinderungsgrund für die Doppelresidenz sind, im Gegenteil. Die gemeinsame Betreuung beider Eltern auf Augenhöhe wirkt deeskalierend und baut Konflikte ab.
Unterstützt wurde die Tagung auch vom ISUV (Interessenverband Unterhalt und Familienrecht aus Nürnberg), dessen Bundesvorsitzender Josef Linsler die Tagung in Hamburg eröffnete. Am gleichen Tag endete die Zeichnungsfrist seiner online-Petition an den Bundestag, in der die Politik aufgefordert wird, die gesetzlichen Grundlagen für die Doppelresidenz als vorrangiges Betreuungsmodell zu schaffen.
Besonders eindrucksvoll und vielbeachtet waren die Praxisberichte aus mehreren Doppelresidenz-Familien. Eltern waren sich darin einig, dass sie dank Verzicht auf Beratung durch Institutionen eine erfolgreiche wechselnde Betreuung realisieren können. Stimmen aus dem Fachpublikum bestärkten sie darin, dass der Gang zu Beratungsstellen infolge dortiger Vorbehalte solche Lösungen oft unmöglich macht.
In einer anlässlich der Fachtagung veröffentlichten „Hamburger Erklärung“ zur Familienpolitik formuliert die Elterninitiative GEMV sechs Forderungen an die Politik. Für das kommende Jahr hat Johannes Zink, Gründer der die Initiative, bereits die Folgetagung angekündigt: „Bundesweit orientieren sich immer mehr Experten und Trennungsfamilien an den Vorbildern im Ausland, wo schon kindgerechte Gesetze für Familien nach Trennung praktiziert werden. Wir haben die Kontakte zu diesen Fachkreisen und werden im Sommer 2015 auf der dritten Hamburger Fachtagung über die Erfolge im Ausland berichten.“
Referenten
Jan Piet H. de Man
Im belgischen Parlament hat er damit zu den Besprechungen für das Gesetz von 2006 beigetragen, das die paritätische Doppelresidenz im belgischen Familienrecht eingeführt hat. Er hat das "Europäische Institut für das Wohl des Kindes“ gegründet („Institut Européen pour l’Intérêt de l’Enfant“) und war 2014 in Bonn Mitgründer des „International Council on Shared Parenting" ICSP („Int. Rat für Paritätische Doppelresidenz“) www.twohomes.org
Kinder im Fokus
„Ein Zuhause bei beiden Eltern“
2. Fachtagung
zu gemeinsamer Elternverantwortungnach Trennung / Scheidung
Hamburg, 7. Oktober 2014
Josef Linsler, Bundesvorsitzender ISUV
Jürgen Rudolph, Richter a.D.
Jan Piet H. de Man, Dipl.-Psych.
Eltern berichten
Erfahrungen aus Doppelresidenzen
Kinder im Fokus - mehr Informationen zu den Themen unserer Fachtagung
DOWNLOADS:
•Grußwort zur Fachtagung
von Herrn Josef Linsler, Bundesvorsitzender ISUV e.V.
•der Beitrag von Jan Piet H. de Man, Dipl.-Psychologe
-Kindliche Lebensmittelpunkte -
-Kindeswohl für Kinder nach Trennung
Ergänzende Dokumentation
von Prof. Dr. Jur. Hildegund Sänderhauf
Ergänzende Dokumentation
von Herrn Jürgen Rudolph, Richter a.D.
Wir bedanken uns bei September-Film für die Bereitstellung des Videomaterials
DOWNLOAD:
•Hamburger Erklärung
•Flyer von der Fachtagung
Jürgen Rudolph
Ziel dieser Methode ist das Zusammenwirken aller am familiengerichtlichen Verfahren Beteiligten zur Stärkung der gemeinsamen Elternverantwortung. Anstatt wie bisher oft die Konflikte zu vertiefen, sollen strittige Fälle im Interesse der Kinder gelöst werden. Jürgen Rudolph ist mit Kanzlei in Koblenz bundesweit als Rechtsanwalt tätig sowie als Ausbilder und Dozent für interdisziplinäre Kooperation.